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Montag, 6. September 2010

"Spoetry" - Spam-Poesie

Die kurze Vorstellung der Spam-inspirierten Gedichte des Autors Ben Myers hat bereits den Blick geweitet und so bleibt nur noch festzustellen, dass im englischen Sprachraum mindestens seit dem Jahr 2000 mit Spam-Poesie experimentiert wird. Die Breite dieses künstlerischen Diskurses entfaltet mittlerweile eine Wucht, daß von einer eigenen Form der Poesie, in den Kreisen der Eingeweihten sogar von einer neuen literarischen Gattung unter dem Namen „Spoetry“, gesprochen wird. Auch wenn der kreative Impuls dieser Bewegung einer „maschinengenerierten Sprache und hinterhältigen Marketingwelt“ entstammt, so verhilft der menschliche Eingriff, die kreative Transformation, diesem zu einer besonderen Ästhetik.
„Spam poetry is therefore the literary equivalent of recycling; it takes off-cuts and lets them ferment into something new and occasionally exotic. A Spam poet is as much an editor as a bard, someone who knows which pieces of fat need trimming, who can use a Spam-mail as a spring-board into his or her own imagination. And though there are no rules, I happen to believe that the best spoems are those that can be crafted in a matter of minutes“.
Die literarischen Produkte dieser Spam-Poesie werden mittlerweile in kleinen Anthologien oder im Web publiziert. Den deutschen Sprachraum hat dieser poetische Diskurs, soweit ich sehe, noch nicht wirklich erreicht.

Links:
http://poemsmadefromSpam.blogspot.com/
http://vertice1925.blogspot.com/
http://yayspampoetry.blogspot.com/
http://linuxbox.co.uk/spampoetry.php
http://www.spoems.com/

Bildquelle: http://vertice1925.blogspot.com/

Freitag, 3. September 2010

Spam is Poetry

Da es sich bei Spam in der Regel um Textnachrichten handelt, erfolgte die kreative Reflexion und Umdeutung auch auf einer textgebunden, literarischen Ebene. Initiativen wie das „Spam Poetry Institute“ (www.Spampoetry.org/) oder die Website „Spam is Poetry“ (http://www.Spamispoetry.com/) dokumentierten das vermeintliche poetische Potential der Massenmails.

In der Regel werden von den Initiatoren aus der eingehenden Junkmail einzelne Nachrichten ausgewählt, die nach Auffassung der Betreiber eine „literarische“ oder „poetische“ Qualität („fine literature created by the world`s Spammers“) besitzen: die Mails formulieren in der Regel gerne rätselhafte Botschaften, können als Metapher verstanden werden oder eröffnen einen Bedeutungsraum, der eben mehr ist, als ein „verzweifelter Schrei nach Zuwendung aus der Marketing-Gosse". Ein Grundprinzip dieser Poetisierung von Spam ist eine, gerne auch ironisch fundierte, Veredelung und Exegese: die Textpassagen werden aus ihrem originären Bedeutungszusammenhang gelöst und inhaltlich oder formal in einen neuen Zusammenhang verschoben. Diese Isolierung der Botschaften und die dadurch erfolgte „Bereinigung“ ermöglicht den Sentenzen tatsächlich eine andere Qualität. Die Phrasen werden zu einem Motto, Wahlspruch oder Slogan, der mit dem gerne banalen, bösartigen oder zutiefst kommerziellen, aber immer heilsversprechenden, Hintergrund spielt. Im Kopf des Lesers oder Betrachters erfolgt eine neue Kontextualisierung und Autorisierung. Was bedeutet das für unsere Gesellschaft? Die Mediengesellschaft braucht das Produkt nicht mehr, sie vertraut allein auf die Heilswirkung der Botschaften? Und diese Botschaften liegen zu hundertausenden in allen Sprachen in digitalen Off des Internets oder werden den Rezipienten frei Haus geliefert? Wie Notizen und Relikte einer unerschöpflichen digitalen Performance schweben sie als frei verfügbare Chiffren im Raum und erlauben eine Ausdeutung vom profanen bis in den sakralen Kontext. Was für eine Dimension ;-)


Bildquelle: http://www.spamispoetry.com