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Mittwoch, 15. September 2010

... to capture the present

Der niederländische Künstler Bas Beimal (Amsterdam) arbeitet seit ca. 2002 mit Spam-Emails und transponiert die Texte der Junkmails auf unterschiedliche Materialien. Spam versteht er als eine Markierung der Gegenwart, die einen besonderen Blick auf die, nicht nur digitale, Realität ermöglicht: “(…) my intention is to capture the present. The cultural momentum we experience the last couple of years through the internet and now by this spamming. Actually I compare myself more to a landscape or portrait painter. Of course they can paint a landscape or figure from their fantasy, but that does not capture anything other than just that.” (BB)

















Bas Beimal
Stop Spam Once and for all!, 2005

Bildquelle: http://www.basbeima.nl/?q=node/23

Donnerstag, 2. September 2010

Spam, Porn and Art

Mit JK Keller und seinen „Spamstractions“ haben wir bereits über die Schnittpunkte von Kunst, Design und Multimedia nachgedacht und die Verwertung von „digitalem Müll“ beleuchtet. Der New Yorker Künstler Adam Harvey nutzt nun implizit den Abfall des Informations-Zeitalters und kombiniert ihn mit einem weiteren, mindestens so populären Element der digitalen Welt: den Internet-Pornos.

„Spam-Mails interessierten mich, weil die absurd und allgegenwärtig sind, sowie wegen der kruden Mixtur aus Sex und Kommerz. Das alles wollte ich visualisieren“ (AH). Das Resultat dieses Versuchs war das Projekt „Save as“, eine Sammlung von C-Prints nach figuralen Motiven aus Porno-Vorlagen, die über ein dichtes Raster von Textzeilen entfremdet werden (http://ahprojects.com/exhibitions/spam-porn-and-art). Harvey benötigte etwas mehr als ein Jahr, um ein Programm zu schreiben, das seine Idee wunschgemäß transportierte: "Es begann mit der Einsicht, dass Spam sich zu einem Hassobjekt entwickelte und ich dachte, man könnte doch versuchen, es in etwas angenehmeres zu verwandeln. Ich spielte eine Weile mit der Idee und kam zu der Überzeugung, dass die beste Art der Visualisierung in der Kombination mit einem Porno war. (…) Es hat sowas von der Idee aus Scheisse eben Gold zu machen”. (AW) Aus den flutenden Texten der Spam-Mails färbt der von Harvey entwickelte Algorithmus einzelne Textzeilen und legt sie in dichten Schichten übereinander, bis sie schließlich in der Gesamtansicht ein verfremdetes Pornobildchen ergeben. Jedes der Werke besteht dabei aus 8.000 bis 40.000 Mails und mehr als 50.000 Zeilen Text. Tatsächlich ist die Kombination von Spam und Porno naheliegend, da ein guter Teil des globalen Spams pornographische Inhalte (bzw. Links) oder vermeintliche Produkte im Pharmakontext (Viagra) transportiert. Zudem stehen hinter den jeweiligen Seitenbetreibern und Mailversendern oftmals vergleichbare Intensionen oder identische Initiatoren.

Mit seinem Projekt blickt Harvey der voyeuristischen, kommerzialisierten und korrupten Gesellschaft auf die Haut, - auf die digitale und die reale. Die Oberflächen seiner Motive wirken spitz, aggressiv und gefährlich, allein das erahnte Motiv als Ausdruck eine vermeintlichen Sehnsucht und Verführung. Nichts ist, wie es ist. Alles virtuell und ein uneinlösbares Versprechen.






Adam Harvey
Spam, Porn and Art, 2002-2006

Bildquelle: http://ahprojects.com/exhibitions/spam-porn-and-art

Mittwoch, 1. September 2010

„Spam-Radio“

Zu den ambitionierten Initiativen der kulturellen Umnutzung von Spam ist das 2002 von dem Programmierer Richard Airlie und dem Publizisten Ian Morrison initiierte „Spam-Radio“ (www.Spamradio.com) zu zählen. Die beiden hatten genuine und auf dem eigenen Server eingegangene Spam-Mails mit Hilfe von Filterprogramm unmittelbar an ein Radiosystem weitergeleitet und mit Musik (Label Monotonik) hinterlegt. Als Live-Audio-File wurden diese Daten dann kontinuierlich im Internet gestreamt. Im Output war eine computergenerierte Männerstimme zu hören, die mit entlarvender Penetranz eine schier unerschöpfliche Menge Spam-Mails rezitierte. Der ungebrochene Stream manifestierte ein permanentes Datenecho und steigerte sich mit jeder einzelnen Botschaft im kontinuierlichen Fluß zu einer surrealen akustischen Groteske. Aus dem Radio tönte der Pulsschlag einer digitalen Zivilisation, die von einer selbstverursachten und scheinbar unaufhaltsamen Krankheit befallen war. Mit ihrer Aktion wollten die beiden Initiatoren bereits 2002 auf das Problem Spam aufmerksam machen: "Spam sollte man ernst nehmen. Wir holen ihn aus dem privaten Posteingang und bringen das Problem an die Öffentlichkeit. Wir geben dem Spam eine Stimme, um Stimmen gegen ihn zu mobilisieren. (…) Marketing per Massenmail ist der Fluch des Internets. Jeden Tag macht Spam sich mit Selbstsicherheit in deiner Mailbox breit. Es gibt immer ein neues Angebot, einen neuen Weg, wie Du dein Leben verbessern kannst, das darfst du auf gar keinen Fall ignorieren".


Bildquelle: http://www.spamradio.com/